Messer und Gabel auf Hochglanz poliert
In deutschen Botschaften sorgt Bremer Besteckmanufaktur für Tischkultur - Aufwendige Produktion
Diplomatische Kreise von Oslo bis Adis-Abeba legen Essbestecke der Silberwarenmanufaktur Koch & Bergfeld auf. Besonders beliebt ist ein Art-déco-Modell aus dem Jahr 1930.
M. Ellmers
BREMEN - Wer
die Besteckmanufaktur Koch & Bergfeld in der Bremer Neustadt
betritt, taucht ein in die Gründerzeit. Von der hohen Decke des
Ausstellungsraums, die von Säulen getragen wird, hängen schwere
Kristalllüster. Imposante Eichenvitrinen beherbergen das glänzende
Tafelsilber, das trotz der mittlerweile elektronisch gesteuerten
Maschinen in der angrenzenden Werkstatt seine Kontur nach wie vor in
Handarbeit bekommt. „Im Unterschied zu nicht in Deutschland gefertigtem
Edelstahlbesteck nehmen wir noch jedes Teil mehr als 20 Mal in die
Hand“, sagt Geschäftsführer Klaus Neubauer.
Illustre Kunden
Ein
Anspruch, den die illustren Kunden zu schätzen wissen. So stattet die
nach Neubauers Worten bundesweit kleinste Silberwarenmanufaktur unter
anderem Sternerestaurants, Adelshäuser und deutsche Botschaften im
Ausland aus, zuletzt die in der äthiopischen Hauptstadt Addis-Abeba. Und
womit speisen hochrangige Diplomaten und gekrönte Häupter auf der
ganzen Welt? „Die Botschaften bevorzugen ,Belle Epoque’“, verrät der
56-Jährige. Das Art-déco-Besteck, das 1930 erstmals erschien, zeichne
sich durch Geradlinigkeit aus. Für den offiziellen Auftritt würden die
abgestuften Griffenden zusätzlich mit dem Bundesadler graviert.
Ob
schlicht, mit Perlbändern oder floralen Motiven verziert – die
insgesamt 14 Modelle, die in der Zeit zwischen 1880 und 1940 entstanden
sind, repräsentieren die verschiedensten Stilrichtungen vom
Klassizismus, über die Renaissance und den Jugendstil bis hin zu Art
déco. „Wir haben immer an diesen alten Modellen festgehalten“, erzählt
Neubauer sichtlich stolz auf die Tradition.
Jedes
Besteck, ob in 925er Sterlingsilber oder versilbert, umfasst 47 Teile,
darunter ein Kaviarmesser, eine Austerngabel und ein Gourmetlöffel.
Letzterer sieht auf den ersten Blick aus wie ein Esslöffel, ist nur viel
flacher. „Das stimmt“, bestätigt der Fachmann. „Mit ihm löffelt man
delikate Soße vom Teller.“
Darüber
hinaus werde er mittlerweile auch als Eislöffel verwendet. Dieser sowie
fast alle Entwürfe des 1829 gegründeten Traditionsunternehmens finden
sich in den rund 200 noch existierenden Musterbüchern. Dort sind
teilweise sogar noch die Namen der Kunden sowie die Werkstattnummern
dokumentiert.
„In
jedem silbernen Löffel stecken 28 Arbeitsschritte, in jeder Gabel sogar
32“, weiß der Geschäftsführer. Dabei werden die Rohlinge in Pressen in
einem aufwendigen Prägeverfahren in Form gebracht, um dann in Handarbeit
ihre eigentliche Kontur zu bekommen. An speziellen Schneid-, Schleif-,
Feil- und Poliermaschinen werden die besonderen Merkmale
herausgearbeitet, wobei die Ecken und Kanten von Hand geschliffen
werden. Durch zusätzliches Feinversilbern erhält es den für Koch &
Bergfeld typischen weißen Glanz, bevor die Oberfläche mit Hilfe von
rotierenden Tuchscheiben und einer speziellen Paste auf Hochglanz
poliert wird.
Marke des Jahrhunderts
Das
hat seinen Preis. Ein silberner Esslöffel kostet nach Angaben von
Neubauer um die 200 Euro. „Früher wurde häufiger ein Silberbesteck
gekauft, da wurde mehr Wert auf Tischkultur gelegt“, schätzt der
Geschäftsführer, der selbst seinen Sonntagsbraten am liebsten mit dem
„Spaten“ zerteilt. Das Modell wurde einst von Firmengründer Gottfried
Koch entworfen.
Dabei
sei Silber nicht nur eine Frage des Stils. Durch seine hohe
Leitfähigkeit nehme das Besteck die Temperatur warmer Speisen an und
liege im Gegensatz zu Edelstahl nicht kalt in der Hand, was den Genuss
erhöhe. Heute bestehe die Arbeit der 15 Silberschmiede, Polierer,
Schleifer und Werkzeugmacher zu einem Drittel aus Restaurierung,
Reparatur und Instand-