Silberbesteck aus bester Handarbeit von Koch & Bergfeld


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Kunstwerke für den Schrank
Mit tausenden von Hammerschlägen wird in der Hansestadt der Traum eines jeden Fußballers hergestellt. In Deutschlands letzter Silberwarenmanufaktur, "Koch & Bergfeld" in Bremen, entsteht der Champions-League-Pokal. Ein Ortsbesuch von Wolfgang Schierholz
 
 
Das Anwesen in Bremen-Neustadt gleicht einer Villa und fast könnten Besucher auf die Idee kommen, die Eigentümer des Anwesens seien vor kurzem eingezogen und renovierten gerade, denn Hammerschläge dröhnen über den Hof. Doch weit gefehlt: Auf dem Gelände wohnt nicht etwa die hanseatische High Society, der Lärm kommt aus der Werkstatt der letzten Silberwarenmanufaktur in Deutschland, Koch & Bergfeld. In dem 1829 gegründeten Traditionsunternehmen werkeln zwölf Silberschmiede an Messern, Gabeln und Löffeln, hochwertiges Silberbesteck oder edles Silberkunstwerk wird hergestellt. Und hin und wieder flattert Werkstattleiter Florian Blume auch ein Sonderauftrag auf den Tisch. In Bremen wird unter anderem die goldene Kamera gebaut, vor allem aber der Pokal der UEFA Champions League.
 
Etwa 15 Liter Champagner passen in den Pokal
 
Rund acht Kilogramm schwer, 75 Zentimeter hoch, geschmiedet, gehämmert und gelötet aus 925er Sterling, im Inneren ist der Pokal mit 24 Karat Gold vergoldet. Etwa 15 Liter Champagner passen in die Trophäe, aus der schon Zinedine Zidane, Paolo Maldini, David Beckham und Luis Figo freudige Schlücke nahmen. "Das macht einen schon ein wenig stolz, wenn der Pokal im Fernsehen zu sehen ist und man weiß, dass das schöne Stück hier gefertigt wurde", sagt Florian Blume. Wer die Champions League, oder früher den Pokal der Landesmeister, insgesamt fünfmal, oder dreimal in Folge gewinnt, der darf ihn behalten. Dieses Kunststück ist bislang nur Real Madrid, AC Mailand, Ajax Amsterdam und dem FC Bayern München gelungen. Viermal mussten die zwölf Bremer Silberschmiede einen neuen Pokal herstellen. Die aktuelle Trophäe ist somit die fünfte Ausgabe, gefertigt vor etwa zehn Jahren. Aber damit nicht genug, immer wieder werden die Vereine, die gerade in der Königsklasse triumphiert haben, bei Florian Blume und seinen Kollegen vorstellig. Schließlich soll im Trophäenschrank der Champions League-Sieger eine blank polierte Kopie des Orginals stehen. Die etwas kleinere Variante des Pokals kommt dann auch aus den ehrwürdigen Fabrikationshallen in Bremen.
1967 war es, da bekam der damalige Werkstattleiter Horst Heeren den Auftrag von der UEFA. Die Firma Koch & Bergfeld solle eine Trophäe von klassischer Eleganz und zeitloser Würde bauen, lautete die Order des Verbandes, groß und mächtig, mindestens 70 Zentimeter hoch und möglichst mit zwei Henkeln ausgestattet. Das Wichtigste: Bereits von weitem sollte der Pokal gut sichtbar sein. Im Prinzip jedoch hatte der Silberschmied und Designer Heeren freie Hand, nur das UEFA-Logo sollte eingearbeitet werden. Heeren schickte schließlich fünf Entwürfe in die Schweiz, den UEFA-Funktionären gefiel die Idee mit der galvanisch vergoldeten Innenseite am besten.
"Die Herstellung des Pokals ist ein wahrer Kraftakt. Das ist eigentlich auch schon Sport", erklärt Florian Blume. Bevor es ans Hämmern, Löten und Polieren geht, muss erst einmal ein Holzmodell der Trophäe erstellt werden. Über dieses Abbild werden dann die zahlreichen, kreisrunden Zuschnitte aus Silberblech gezogen, eine schweißtreibende Arbeit. Aus dem ebenen Edelmetall entstehen die vielen Einzelteile, die erst am Ende verlötet werden. Damit der Pokal schließlich auch ordentlich strahlt, blinkt und glitzert, bekommt er eine aufwändige Oberflächenbearbeitung verpasst. Da wird poliert, planiert und geschliffen, um die Unebenheiten zu entfernen. Erst dann verbreitet sich auf dem matten Blech der funkelnde Silberglanz. "Bevor die Trophäe endgültig fertig ist, hatte jeder der zwölf Silberschmiede den Pokal einmal in der Hand, um daran zu arbeiten", sagt Blume. Rund 50 000 Euro kostet das gute Stück, der ideelle Wert ist wahrscheinlich unbezahlbar. Ähnlich kostspielig war die Anfertigung eines anderen Prunkstücks bei Koch & Bergfeld. Der DFB-Pokal, den das Unternehmen im Auftrag vom FC Schalke 04 anfertigte. Die Königsblauen riefen nach dem Gewinn des Potts eilig in Bremen an. Aber nicht etwa, weil Rudi Assauer beim rauschenden Siegesfest den Pokal fallen ließ, dem Zigarre rauchenden Manager war der DFB-Pokal aus der Hand gerutscht. Der schiefe Pott von Gelsenkirchen musste vom Verein wieder gerichtet werden. Die Telefonnummer von Koch & Bergfeld wählte Rudi Assauer, weil auch der FC Schalke 04 eine originalgetreue Nachbildung des geraden DFB-Pokals für den Trophäenschrank bestellen wollte. "Das war wirklich eine hochwertige Arbeit", erzählt Blume heute begeistert. "Zu 98 Prozent sieht unser DFB-Pokal für Schalke aus wie das Original. Eigentlich sind beide kaum zu unterscheiden." Die Edelsteine, die in dem Pokal verarbeitet sind, wurden extra bestellt, passend geschliffen und dann eingearbeitet. Das Holzmodell des Potts, über den das Blech gezogen wurde, steht noch heute in der Werkstatt und wirkt beinahe unscheinbar neben Modellen von altertümlichen Kelchen, Bechern und Vasen, die auch in jedem mittelalterlichen Kostümfilm ihren Platz finden würden.
 
Die Lötlampen in der Werkstatt sind nicht nur Dekoration
 
Überhaupt ähnelt vieles im Atelier der Silberschmiede dem Interieur eines Museums. Jahr für Jahr werden hier rund fünf Tonnen Silber verarbeitet, daran hat sich seit der Gründung 1829 nicht viel geändert. Auch was die Arbeitsgeräte angeht, scheint die Zeit still zu stehen. Die Lötlampen sind nicht nur Dekoration, an den alten Holztischen wird mit ebenso alten Werkzeugen gearbeitet. Die verschiedenen Hämmer, aufgereiht in der Mitte der Schmiede, wurden wiederum alle selbst gebaut. Nach wie vor vertraut man keinen Werksmaschinen, die Prunkstücke werden alle in filigraner Handarbeit gefertigt, bevor Silbertablett, Silbervase und Silberbesteck bei den Juwelieren im Schaufenster stehen. Auch die alten Zeichnungen werden aufgehoben, die auf Pergament gezeichneten Entwürfe aus der Vergangenheit lagern in Tresoren.
Vielleicht gesellt sich zu den original Zeichnungen ja auch bald der Entwurf eines weiteren UEFA-Pokals. Die europäische Fußballunion scheint sehr zufrieden mit der Arbeit der Bremer Silberschmiede und ist mit einer neuen Anfrage vorstellig geworden: eine Trophäe für den UEFA-Cup der Frauen, oder exakt, für den "European Women Football Cup oder so", wie Florian Blume meint. "Wir haben einige Entwürfe und Zeichungen in die Schweiz geschickt, und hoffen, wieder einen schönen Pokal machen zu dürfen." Es dürfte erneut ein Pokal von klassischer Eleganz und zeitloser Würde werden, groß und mächtig, möglichst mit zwei Henkeln und natürlich von weitem gut sichtbar. Und, wie bei jedem fertigen Teil, das die Werkstatt verlässt, ist ganz dezent und nur auf den zweiten und dritten Blick erkennbar, auch der Bremer Schlüssel, das Wahrzeichen der Stadt, eingearbeitet.
Die professionellen Pokalbauer aus Bremen hoffen, dass sie demnächst einen anderen Auftrag von den Profi-Fußballern aus derselben Stadt erhalten. Der amtierende Deutsche Meister Werder Bremen hat bei Koch & Bergfeld angefragt, was denn wohl eine Kopie der Meisterschale kosten würde. Der Kostenvoranschlag von Werkstattleiter Florian Blume sollte mittlerweile auf dem Tisch von Klaus Allofs liegen. "Das würden wir natürlich gerne machen", gesteht Florian Blume. "Zum einen, weil wir verhindern wollen, dass solche Aufträge in Billiglohnländer abgeschoben werden. Aber auch, weil einige unserer Mitarbeiter sehr gerne etwas für Werder machen würden."
Und vielleicht schaffen die Bremer Profifußballer ja den großen Sprung auf den Kicker-Olymp und gewinnen die Champions League. Die Bremer Silberschmiede würde sich mit Sicherheit besondere Mühe geben.

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